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Gaststätte Adler

Schild Adler Geschichtspfad
Gemeinde Spraitbach
Älteste Gesamtansicht alter Adler aus dem Jahr 1927
Bild des alten Adlers mit Treppe nach vorne von 1927
alte Postkarte
Schmuckes Gasthaus „Adler“ in den 60er-Jahren; Metzgerei rechts oberhalb der Treppe
Ulrich Rupp
Blick in die Gaststube - Vorne der legendaere runde Stammtisch um den Tragbalken
Ulrich Rupp

Aus Urkunden vom 16. Jahrhundert geht hervor, dass über die damalige Schildwirtschaft „Adler“ in Spraitbach die Grundherrschaft und niedere Gerichtsbarkeit vom Kloster Lorch (seit der Reformation württembergisch) ausging; es wurde deshalb auch als die „lorchische Wirtschaft“ bezeichnet. Anfang des 19. Jahrhunderts wurde die Adlerwirtschaft vom damaligen Schultheiß Kuhn aufgekauft und in eigener Person betrieben. Seitdem gab es damals in Spraitbach keine Polizeistunde mehr und die Amtshandlungen wurden nicht mehr im Rathaus, sondern in der Wirtsstube des Schultheißen erledigt.

Gruppenbild Schuetzenverein Spraitbach 1908 vor dem Eingang am Gasthof „Adler“
Ulrich Rupp
Holzschnitt von Karl Rieg, Lehrer in Spraitbach von 1966 – 1971 mit Ansicht Dürrbauer, Wahl (Seiza) und Armenhäusle
Ulrich Rupp
Originelles Wirtshausschild am Ostgiebel angefertigt in Königsbronn besponsert von Brauerei
Ulrich Rupp

1880 wurde das Anwesen von Jakob Bauer erworben und als „dingliche Wirtschaft“ bis 1937 betrieben. Ab dem Jahr 1937 wurde der Wirtschaftsbetrieb von dessen Sohn Georg Bauer als Gasthaus und Metzgerei bis 1978 fortgeführt.

Zimmermannsspruch zum neuen Adler vom 3.10.1946
Richtspruch am 03.10.1946
Ulrich Rupp

Ein einschneidendes Ereignis war der 5. Januar 1946, bei dem durch ein Großfeuer das gesamte Gebäude ein Raub der Flammen wurde. Dabei wurde eine wertvolle Bibel von 1639 in letzter Sekunde aus dem Feuer herausgeholt. Noch im gleichen Jahr wurde mit dem Wiederaufbau begonnen, dabei musste die Eingangsecke nach hinten verschoben werden, da die Einfahrt auf die Reichsstraße mit Langholz fast unmöglich war. Sämtliche Spraitbacher Zimmerleute halfen beim abzimmern  des Holzes auf dem Festplatz in der Hagenbuche zusammen und so konnte der Zimmermannsspruch für das neue stattliche Gebäude schon am 3.10.1946 verlesen werden.

Eine besondere Tradition in den 50er-Jahren war das Abhalten von sog. öffentlichen Hochzeiten, wobei die gesamte Bevölkerung Zugang in die Gaststätte hatte, aber das Hochzeitsessen (feine weiße Bratwürste mit Kartoffelsalat und Schiffchen) selbst bezahlte.

Auf der gegenüberliegenden  Straßenseite gehörte zur Gaststätte ursprünglich unter einem großen Kastanienbaum auch eine Kegelbahn, die aber dann dem Straßenausbau zum Opfer fiel.

Von 1946 bis 1979 mit dem Neubau des Vereinsheims war der Adler das Vereinslokal des FC Spraitbach und oft erklang am runden Tisch nach vielen Siegen aber auch Niederlagen das Vereinslied:“…rot und weiß sind unsere Farben, sie dürfen niemals untergehen.“

Im Nebenzimmer des Gasthauses erweckte eine umfangreiche Schmetterlingssammlung als Hobby von Georg Bauer das Interesse vieler Besucher.

Ab 1948 hatte die Arztpraxis von Dr. Kinkel (Ehrenbürger von Spraitbach) ihre ersten Praxisräume im Gasthaus zum Adler und in der allerersten Zeit ordinierte Dr. Kinkel im Nebenzimmer der großen Wirtsstube. Sie diente als Wartezimmer und war für viele Kranke ein angenehmer Aufenthaltsraum nach dem Sprechstundenbesuch, wobei manches Viertele Remstäler genossen wurde.

Inhaber von 1880-1937 Jakob Bauer und Ehefrau Katharina geb. Beißwenger
Ulrich Rupp
Inhaber von 1937-1978 Wirtsleute Georg und Anna Bauer geb. Weller
Ulrich Rupp
Inhaberin von 1978-1995 Renate Bauer mit einer Spezialität für den Stammtisch Gekochte Knöchle
Ulrich Rupp

Im Jahre 1978 erfolgte die Übergabe des Betriebs von Georg Bauer auf die Tochter Renate, diese führte die Gaststätte bis ins Jahr 1995. Bei ihr war jeder Gast willkommen und durch ihre Freundlichkeit und große Portionen bleibt sie unvergessen. Danach fand zunächst eine Verpachtung und später der  Verkauf des Grundstücks an Arthur und Ella Scheu statt. Diese waren danach Inhaber der Gaststätte bis ins Jahr 2016; die Metzgerei wurde nach dem Tod von Arthur Scheu im Jahr 2000 durch Sohn Klaus bis 2008 geleitet. Seit 1.11.2008 ist Jürgen Gottwald im Pachtverhältnis Inhaber der Metzgerei.

(Text und Bilder recherchiert und zusammengetragen von Ulrich Rupp)

Gegenüber des Gasthauses im Hang der Susastraße

  • bis 1946 - alter Adler (vor dem Brand): Näherei der Fa. Spießhofer im Saal, 1. OG heutige Firma Triumph
  • 1948 – 1956: Arztpraxis Dr. Kinkel (2. Stock)
  • 1958 – 1965: Zahnarztpraxis Dr. Kuhn

Da es in Spraitbach damals noch keine Apotheke gab, wurden die Rezepte von den Patienten von Dr. Kinkel in der Gaststätte abgegeben. Herr Bauer gab diese dann dem nächsten Postbus Richtung Gschwend mit und am anderen Tag kamen die Arzneimittel aus der Gschwender Apotheke mit dem Bus nach Spraitbach. Sie konnten in der Gaststätte abgeholt werden. Eine praktische und einfache Lösung - heute mit Datenschutz undenkbar!

Bibel von 1639; in letzter Sekunde gerettet aus dem brennenden Gasthaus „Adler“ am 5. Januar 1946
Ulrich Rupp

Zu Beginn des Jahres 1946 befand man sich in unter der Verwaltung der amerikanischen Militärregierung. Die Zeitung erschien nur unregelmäßig alle paar Wochen. Unterlagen bei der Feuerwehr sind keine mehr vorhanden, so dass man sich auf Zeitzeugen berufen muss. Die Brandursache war eindeutig ein technischer Defekt im Nähmaschinensaal im 1. Stock (angemietet von der Fa. Spießhofer).

Jugendliche berichten, sie wären beim "Eisrutschen" auf genagelten Schuhen bei der Grotte gewesen und hätten aufgrund der früh einbrechenden Dämmerung den Lichtschein des Feuers entdeckt. Bis sie die kurze Strecke den Hang hoch gelaufen seien, habe es lichterloh gebrannt. Die Feuerwehr konnte nur noch ein Übergreifen auf andere Gebäude verhindern. Körperlichen Schaden trug glücklicherweise niemand davon (außer natürlich Brandblasen, leichte Rauchvergiftung, und ähnliches).

In letzter Sekunde wurde aus dem brennenden Gasthaus „Adler“ die Bibel von 1639 von Pfarrer Wahl, Pfarrer Remlinger, Feuerwehrkommandant Rupp und Adlerwirt Georg Bauer herausgeholt (vermutlich eine der ältesten Ausgaben der berühmten Dilherr-Bibel des Endter-Verlages in Sachsen).

Im Rathaus befinden sich noch folgende Bauakten:

  • 1936  Bau einer Kegelbahn gegenüber der B298 ( beim jetzigen Hangegelände der Kreissparkasse), wurde beim Ausbau der B298 abgerissen).
  • 1938 über die Anlegung einer Dunglege  Richtung Grundstück Lang.
  • 1946 Wiederaufbau nach dem Brand vom 5. Januar 1946:  Im Mai 1946 wird im Gemeinderat darüber diskutiert, wie dies erfolgen soll ( Problem der Einfahrt von der Susastraße in die Bundesstraße für Langholzfahrzeuge), Abschrägung des vorderen Bereichs. Das Bauholz wird in der Nachkriegszeit von sämtlichen Sägewerken der Umgebung zusammengekauft.
  • 1968 Umbau der Metzgerei und Gastwirtschaft
  • 1983 Einbau eines Sanitärraumes für den Metzgereibetrieb
Enthüllung des Schildes Gasthaus Adler am 07.09.2021
Gemeinde Spraitbach

Am 07.09.2021 wurde ein neues Schild des Geschichtspfades enthüllt. Dieses mal traf man sich aufgrund der Urlaubszeit und einer kurzfristigen Umstellung im Ablauf in kleiner Gruppe und mit der Presse am Gasthaus Adler. Dieses Gebäude ist der erste Punkt auf unserem Pfad, der noch sichtbar und erlebbar ist. Dennoch passt er gut ins Schema, da im Inneren des Gebäudes schon einige Nutzungsarten stattfanden, die heute nicht mehr da sind. Damit ist auch klar, dass das Gasthaus Adler einen gewichtigen Einfluss auf die Entwicklung der Gemeinde hatte und noch immer hat.

Im Rahmen des kleinen Plausches am Schild dankte Bürgermeister Schurr Herrn Ulrich Rupp für dessen Mithilfe. Besonders, da dieser ja gerade eigentlich mitten in der Planung des 100 jährigen Jubiläums des Musikvereins steckt. Dennoch nahm er sich die Zeit hier mitzuwirken.


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